Wie gelingt uns die radikale Erneuerung zu lebenswerten, nachhaltigen und kreativen Organisationen?
Vorschläge gibt es viele: Grössere Visionen! Grünere Ziele! Stärkere Führung! Modernere Strukturen, Technologien, Kulturen…
Wir sind überzeugt: Transformation muss man neu denken! Wirklicher Wandel kann nicht einfach bedeuten, die berühmte Kotter Liste der “8 Schritte zur Unternehmenstransformation“ abzuhaken oder sich nur an Profit, Wettbewerbsposition und Shareholder Value zu messen. Vielmehr müssen wir uns vor jedem Wandel erst einmal die Frage stehen: Wozu und wodurch?
Für uns bedeutet das in erster Linie: bewusst Verantwortung für unsere Arbeit und unsere Welt zu übernehmen und dabei die Förderung des (guten) Lebens von Mensch und Umwelt stets in den Mittelpunkt zu rücken. Gute Organisationen sind immer:
- Bewusster Teil der Gesellschaft und verkörpern als „Mini“-Gesellschaft die Mitverantwortung für das Wohl Aller. Unternehmen sind dann “gut”, wenn sie ehrbar handeln und für ihre “Umwelt” sorgen, und zwar jenseits der Maximierung von individuellem Nutzen der Mitglieder, Kundenzufriedenheit oder Profit der Eigentümer. Das Gute liegt im Kerngeschäft und nicht in der Ausübung von Möchtegernphilanthropie.
- Zudem stellen sie den sozialen Lebensmittelpunkt für viele Organisationsmitglieder dar. Höchstes Ziel ist das gemeinsame Wachstum miteinander und fuereinander, in der Weltgemeinschaft. Indem Organisationen gute sozialen Beziehungen und gemeinsame Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt rücken, „schaffen“ sie gute Menschen.
- Schließlich ist die gute Organisation Hüterin der Entfaltung des Einzelnen, weil sie Möglichkeiten schafft, Talent und Kreativität mit Stolz und Würde in der eigenen Rolle in das Unternehmen einzubringen. Organisationen ermöglichen so das authentische Streben nach einem guten Leben.
So besteht “wirkliche” Transformation nicht in erster Linie aus der Auswahl von heroischen Führungskräften, besserem Projektmanagement, agilen Methoden — oder neuen Strukturen, Technologien und Organigrammen. Eine “echte” Veränderung anzustoßen bedeutet vielmehr, Organisationen zu befähigen, über sich selbst hinauszuwachsen, menschliche und zwischenmenschliche Exzellenz zu “kultivieren” und zum Wohl der Gemeinschaft und Gesellschaft beitragen. Gute Organisationen kombinieren eine pulsierende und kreative Lebensenergie mit menschlichen Werten, gesellschaftlicher Verantwortung und effizienter Produktion. Dazu müssen wir einen rein gewinnorientierten und traditionell methodisch-analytischen “engineering” Ansatz überwinden, und neue Prinzipien erarbeiten. Unsere bisherige “Forschungsreise” liefert hier schon erste Eindruecke:
- Transformation ist nicht einfach “Chefsache”. Wandelprozesse lassen sich nicht in der Führungsetage massschneidern, elegant (in Powerpointfolien) verpacken, und flugs durch die Abteilungen schicken. So geschnürte Transformationspakete bleiben meist bereits an der ersten Verteilerstation hängen. Vielmehr sollten Transformationen einer gemeinsamen “Verfassung” entspringen — einem gelebten Versprechen, wofür wir stehen, wie wir miteinander umgehen, wie Entscheidungen getroffen werden, und wie wir mit Konflikten, Veränderungen und den Paradoxien des Organisationsalltags umgehen. Das bedeutet nicht, dass jeder immer überall mitredet. Aber es bedeutet, dass wir alle miteinander, füreinander und für das “Ganze in der Vielfalt” einstehen, um innere Diversität, organisatorische Macht und äussere Anpassungsfähigkeit dynamisch miteinander verbinden. Mehr als ein paar kluge Köpfe in der Zentrale brauchen wir die ganze Mann- und Frauschaft, mit Herz, Kopf und Hand!
- Transformation ist niemals nur „Copy & Paste“, sondern stark kontextabhängig: was in einem Unternehmen die Transformation zum Erfolg führt, funktioniert in einem anderen möglicherweise nicht. Die „beste Strategie“ hängt entscheidend von den spezifischen Bedingungen ab — Methoden oder Tools müssen angepasst und eingebaut werden. Oder wie Jeffrey Pfeffer es einmal zuspitzte: “Best Practices sind immer nur Inspirationen. So ist „Atmung“ zwar gemeinhin recht wichtig, kann aber unter Wasser schnell zu unangenehmen Folgen führen!”
- Transformation ist niemals linear. Kaum eine Transformation folgt einem vorhersehbaren, schrittweisen, vorbestimmten Verlauf. (Kurzes Memo an den Projektplaner: Das Leben ist keine Excel-Tabelle!) Stattdessen ist Wandel iterativ, fliessend, oft unvorhersehbar und nichtlinear. Neue Visionen sind da ebenso wichtig wie die Offenheit, sich immer mal wieder überraschen zu lassen und umzudenken…
- Transformation ist synergetisch, nicht nur analytisch und kommt häufig von ”den Aussenseiten des Systems” und den “Brückenbauern” in der Organisation, anstatt nur “top-down”. Eine echte Transformation lässt sich daher auch nicht einfach in funktionale Einzelteile zerlegen, sondern erfordert eine dialogische Neuorientierung der menschlichen und technischen Fähigkeiten einer Organisation, um die Emergenz neuer und besserer Verhaltensmuster und Ergebnisse zu unterstützen. Das bedeutet mitnichten, dass Transformationen spontan oder zufällig erfolgen. Vielmehr braucht es eine Rückbesinnung auf einen gemeinsamen “Geist”, eine beflügelnde Inspiration und verbindende Werte, die den Veränderungsbemühungen Energie, Identität und Charakter verleihen und gleichzeitig Freiheit für individuelle Kreativität, unterschiedliche Meinungen und Engagement lassen.
- Transformationen sind emotional. Wandel löst Ängste aus. Wir finden uns in neuen Rollen, neuen Teams, neuen Strukturen wieder — und müssen uns (vermeintlich) neu beweisen. Veränderung zu der von uns gewünschten guten Organisation setzt zudem Eigenverantwortung, Liebe zum Lernen und Wille zur Erneuerung voraus. Wir müssen Verletzlichkeit akzeptieren und uns auf sie einzulassen (gemeinsam können wir das Unbekannte meistern!). Gute Transformation setzt voraus, dass wir Ängste aufnehmen, sie anschauen, verarbeiten, und lernen, mit ihnen umzugehen.
- Transformation wird immer von Menschen erreicht. Und es sind diese Menschen, die Träume und deren Erfüllung miteinander verbinden. Daher gilt auch bei der Arbeit wie im Rest des Lebens: echter Wandel ist immer etwas ganz persönliches. Im Kern geht es darum, zu sich selbst zu finden und sich zu überwinden, und auf Neues und Fremdes zuzugehen. Gelungene Transformation sieht man daher auch nicht in irgendeiner Mitarbeiter-Zufriedenheitsstatistik, sondern erkennt sie am Leuchten in den Augen der Kollegen, wenn sie sich wirklich “gesehen” und (an)erkannt fühlen, wenn sie miteinander zurecht kommen, miteinander ins Gestalten finden, und ihre Arbeit mit Sinn für sich und andere füllen können.
- Transformation ist nie abgeschlossen. Wahre Transformationen sind keine Reisen zu einem fernem Ziel, sondern Rückbesinnung auf die tiefe Wahrheit, dass das “gute Leben” — und die gute Arbeit — genau jetzt stattfindet, in diesem Augenblick. Und genau hier. Wahrer Wandel besteht schlicht und einfach darin, zu lernen, gemeinsam aus jedem kostbaren Moment etwas Gutes zu machen — den Moment immerzu voll und gut zu leben, in ganzer Verantwortung für unsere Freiheit. Das klingt viel einfacher als es ist — im Rausch von Emails, Telefonaten und ständigen Besprechungen, und unter kontinuierlichem Zeitdruck. Transformation verlangt von uns daher gemeinsame Tugenden wie Augenmass, Disziplin, Mitgefühl und Weisheit, um erfolgreich das Wichtige mit dem Notwendigen in Einklang zu bringen.
Das alles bedeutet leider auch, dass wir nicht bei unserer nächsten Zwischenlandung irgendwo mal eben das perfekte Transformationshandbuch kaufen und umsetzen können. Wir lernen vielmehr durch praktische Erfahrung, stetigen Austausch mit anderen und Mut zum kontinuierlichem Experimentieren und “erwachsen werden”.
Aber wo findet man denn andere, vertrauenswürdige Vordenker und Vormacher von guten Unternehmen und Transformationen? Es ist gar nicht so einfach!
Das fanden wir auch! Deswegen haben wir kurzerhand die spannendsten Transformationspraktiker, die wir kennen, eingeladen, um vom 12.-16. September mit uns zu diskutieren, wie denn ein solcher «leading edge» Wandelprozess aussehen kann. Und viele sind — einen lieben Dank von hier! — unserem Aufruf gefolgt! Um es mit den Worten des weltweit führenden Experten zum Thema «Boundaryless Organisations», Emanuele Quintarelli, zusammenzufassen: «This is a gathering of some of the most forward thinking org designers in Europe and the US today»!
Und deswegen laden wir jetzt ganz herzlich alle ein, denen gute Organisationen — wie uns — am Herzen liegen: Schaut doch mal rein! Bringt euch ein! Packt mit an! Denn am Ende gilt, wie immer: jeder Wandel beginnt mit uns selbst. Wenn nicht wir, dann wer? Und wenn nicht jetzt, dann wann?!